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  • AutorenbildDenise Romer

Teil 8 - Start ins Abenteuer…

Wir schreiben den 21. November 2023. Es ist 14:53 Uhr und wir verlassen soeben den Hafen von La Rochelle, hoffentlich für immer. Da Tim das Steuer unserer Makani übernommen hat können wir vorne auf den Trampolin singend, tanzend und winkend Abschied nehmen von einem Hafen, den wir mittlerweile in- und auswendig kannten. Obwohl die Freude bei uns grenzenlos ist, gibt es doch bei jedem Abschied auch immer etwas, was man zurücklässt. So stehen auf dem Steg Damian und Arnaud vom Trimaran-Hersteller NEEL und winken uns zu. Diese Beiden hatten wir alle in unser Herz geschlossen und ich würde ihr Kommen und Gehen auf unserem Schiff vermissen. Nach so vielen Wochen waren sie fast schon zu einem Teil unserer Crew geworden und wir würden sie am liebsten gleich mitnehmen. Doch ich bin sicher, dass wir die Zwei irgendwo wieder sehen. Denn man sieht sich immer zweimal im Leben. Ich für meinen Teil freute mich jetzt schon auf dieses Treffen.


Nun war es aber Zeit, endlich dem Winter davon zu fahren und so schnell wie möglich in Portugal einzutreffen. Das Abenteuer, auf das wir so lange gewartet hatten, war nun endlich Realität geworden. Makani stampfte sich gemütlich ihren Weg durch die Wellen, immer weiter weg von La Rochelle. Nach gut 20 Minuten war es dann soweit und wir konnten die Segel setzen. Der Wind hatte auf gut 20 Knoten aufgefrischt. Nach dem Setzen des Grosssegels und des Gennakers nahm Makani Fahrt auf und es ging in zügigem Tempo immer weiter in die Biskaya hinein. Noch fühlte ich mich ziemlich gut, hatte ich doch auch schon ein paar von diesen Stugeron zu mir genommen. Ich beobachtete mich selber dabei, wie ich auf den Horizont blickte und versuchte Anzeichen einer Übelkeit zu entdecken. Glücklicherweise konnte ich aber nichts davon spüren, was mich enorm freute.


Ich hatte mich nach oben ins Cockpit zu Martin und Tim gesellt und schaute nach vorne zum Trampolin. Dort hatten sich Timon und Ronin auf dem Steuerbordschwimmer ganz vorne an der Reling eingehakt. Ihr Lachen und ihr Gejohle hörte ich bis ins Cockpit. Ich beneidete die Jungs ein wenig über ihre Freude. War diese bei mir noch nicht ganz angekommen. Doch ich wollte den ganzen Spass ebenfalls erleben und gesellte mich zu den Jungs.




Timon hatte mir schon angesehen, dass mein Gesicht wohl bereits im Begriff war die Farbe zu wechseln. Er erklärte mir, dass ich die Fahrt doch einfach geniessen soll und es am besten war, die Bewegungen des Bootes auf den Wellen mit dem ganzen Körper mitzumachen. So bewegten wir uns alle nun im Rhythmus der Wellen auf und nieder und johlten bei jedem Aufklatschen des Schwimmers auf den Wellen. Meine Gedanken schweiften in die nahe Zukunft und ich überlegte, was diese Überquerung wohl für Überraschungen für uns bereit halten würde. Den Gedanken, dass dies ein Himmelfahrtskommando sein könnte, hatte ich mittlerweile beiseite geschoben. Die Vorfreude war auch bei mir riesig auf all unsere Erlebnisse und trotzdem war ich ein wenig überrascht über meinen eigenen Mut. Aussteigen war nun nicht mehr möglich. Das hätte ich mir früher nochmals überlegen müssen. Nun jedoch ging es mit jeder Minute weiter in unser Abenteuer hinein. 




Die Wellen wurden immer grösser und langsam war es mir doch ein wenig zu ungemütlich, um noch auf dem Schwimmer zu stehen. Ich klinkte mich mit meiner Safetyleash beim Princess-Seat aus, um mich sofort wieder erneut in die Reling einzuhaken, die nach hinten Richtung Treppe führte. Ab nun stand die Sicherheit an oberster Stelle. So war es Pflicht, sich bei jedem Verlassen des Innenraums unseres Boots mit der Safetyleash an einer Leine festzumachen und sich auch immer mit einer Hand am Schiff festzuhalten.


Die Wellen türmten sich auf gut 3 m auf und versetzten Makani in eine ziemlich ungemütliche Dauerbewegung. Langsam ging es Richtung Sonnenuntergang und unsere erste Nacht stand bevor.



Ich stand oben bei Martin im Cockpit und wir hatten unsere Schicht begonnen. Der Wellengang war mittlerweile schon auf 4 m angestiegen und ich hoffte, dass dies die finale Wellenhöhe sein würde. Plötzlich durchdringte Martin’s Aufschrei meine Gedanken. 'Das Dingi ist nicht angebunden', rief er laut.


Wie konnte das bloss passieren?

Ich für meinen Teil wusste, warum das passieren konnte, sagte aber nichts dazu. Der von Martin, Carlos und mir erstellte Ämtliplan war von den Jungs als, ich zitiere, 'sowas von unnötig' abgestempelt worden. Schliesslich wüsste ja jeder, was beim Segeln so alles zu beachten sei. Doch mit der Euphorie der Abreise war wohl doch nicht alles ganz so klar gewesen.


Martin rannte die Treppe hinunter und legte sich unters Dingi, um das Spannset über das kleine Beiboot zu stülpen. Man kann sich ja vorstellen, dass dies bei diesem Wellengang ein nicht ganz ungefährliches und auch etwas mühsames Unterfangen war. Nichts desto Trotz schafften es die Jungs, unser Dingi wieder auf seinem Platz festzuzurren und wir konnten uns wieder ein wenig entspannen. Zumindest für einen kurzen Moment.


Makani segelte mittlerweile mittels Autopilot immer weiter hinein in die Biskaya. Die Sonne war untergegangen und wir bereiteten uns unser erstes Abendessen auf dem offenen Meer zu. Zum Glück hatten wir bereits vorgekocht, denn bei diesem Wellengang wäre es wohl ziemlich umständlich geworden. Das Aufwärmen ging schnell und wir erfreuten uns an unserem Nachtessen. Ich hatte bereits nach ein paar Bissen genug und fragte mich schon, wie lange ich dieses Essen wohl in meinem Magen behalten würde. Erstaunlicherweise ging auch dies unglaublich gut. Irgendwie schienen diese Stugeron tatsächlich bestens zu wirken und mein Magen hatte sich dem Anschein nach auch an die Bewegungen des Boots gewöhnt. Dies zu meiner grossen Freude, denn nun konnte ich diese ganze Seglerei doch ein wenig entspannter angehen.

An schlafen war in dieser Nacht jedoch vorerst nicht zu denken. Waren wir doch alle ein wenig nervös. Auch war der Wind zunehmend stärker geworden, was uns dazu veranlasste, das Grosssegel bereits ins zweite Reff zu verkleinern. Da wir jedoch nicht mehr mit einer Zunahme des Windes rechneten in der Nacht, war dies nun bestimmt das richtige Setting für unser Segelboot.


Leider wurden die Wellen immer ungemütlicher und gefühlt auch immer höher. Wie hoch diese waren konnte man aufgrund der Dunkelheit nicht mehr erkennen. Makani knickte jedoch gehörig bei jeder Welle ein und verursachte die unglaublichste Geräuschkulisse. Es gierte, quietschte und krachte an allen Ecken. Fast hatte man das Gefühl, dass das Segelboot auseinander zu fallen schien. Dies auch aus dem Grund, dass Makani gegen die grossen Wellen ankämpfen musste und wir den Wind noch leicht von vorne hatten. Das waren nicht die optimalsten Segelbedingungen. Doch die Prognosen standen gut, dass wir die folgenden Tage guten Rückenwind erhalten sollten.


Martin hatte für uns folgende Schichteinteilungen gemacht: ich als Segelanfänger teilte die Schicht mit Captain Martin, Ronin und Timon waren ein Team, Sino mit Carlos und Tim als der erfahrenste Segler unter uns stemmte seine zweistündige Schicht alleine. Alle die nicht zur Schicht eingeteilt waren, versuchten zu schlafen, um wenigstens bei ihrem Schichtbeginn ausgeruht zu sein. 

Der unglaubliche hohe Geräuschpegel im Segelschiff und durch die an die Schwimmer klatschenden Wellen, die sich anhörten, als ob Bomben explodieren würden, verunmöglichte uns das Schlafen.


Plötzlich gab es einen lauten Knall, gefolgt von weiteren unheimlichen Knallgeräuschen. Es schepperte laut im Salon. Aufgeschreckt von diesen Geräuschen sprinteten wir alle in unsere Küche, um nachzusehen, was um des Himmels Willen passiert war.

Unsere Innensicherung war für den vorherrschenden Wellengang komplett ungenügend.



War nämlich nicht nur die Kaffeemaschine sondern auch unser SodaStream und die Heissluft-Fritteuse auf den Boden geknallt. Ein weiterer Punkt auf dem Ämtliplan, dem man wohl hätte mehr Beachtung schenken können. So wanderten nun unsere Küchengeräte in den Steuerbordschwimmer hinunter zu unserer Waschmaschine und wurden dort fein säuberlich auf dem Boden gelegt. So sollten sie zumindest die nächsten Stunden unbeschadet überstehen.

In dieser Nacht refften wie die Segel noch ein paar Mal. Hatten wir doch noch wenig Ahnung wie wir es genau handhaben mussten. Ausser Tim war noch niemand von uns über die Biskaya gesegelt.

Da unser Dingi und unsere Küchengeräte nun sicher verstaut waren, konnte also nichts mehr schief gehen, dachte ich zumindest. Ich war gespannt, was da noch alles auf uns zukommen würde. Auch hoffte ich ein wenig, dass wir nach diesen Malheurs dem Ämtliplan hoffentlich in Zukunft mehr Beachtung schenken würden. 




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