Unsere Ankunft auf Lanzarote war später als geplant. Es dunkelte bereits, als wir in die Bucht von Famara einliefen und das Findes eines Ankerplatzes war umständlich. Pino, ein Kollege von Martin musste schon seit Stunden auf uns warten. Er war aus der Schweiz angereits, um eine Woche den Jungs das Tauchen beizubringen. Das Dingi war schnell ins Wasser gelassen und die Jungs holten ihren Tauchlehrer vom Land ab.
Pino hatte sich nach seiner Ankunft auf der Makani mit seiner gesamten Tauchausrüstung schnell auf dem Boot ausgebreitet. Auch hatten die Jungs ihre Tauchjackets bereits aus den Schwimmern geholt und freuten sich auf das neue Unterwasserexperiment am nächsten Tag. Der nächste Morgen brachte jedoch bereits wieder ein weiteres kleines Schockerlebnis mit sich. Bei Tagesanbruch stellten wir fest, dass direkt hinter uns ein Schiffswrack im nicht sehr tiefen Wasser lag. Und dies keine 100m von uns entfernt. Da hatten wir wohl wieder sehr viel Glück gehabt, dass wir dieses Ungetüm eines Stahlkolosses nicht überfahren hatten. Gespenstisch ragte an zwei Seiten die Überreste des Frachters aus dem Wasser. Martin, Carlos und Ronin konsultierten die kompletten Navigationskarten. Ein Wrack war jedoch auf keiner der Karten eingezeichnet. Nachforschungen unsererseits ergaben, dass dieser ‚Schiffstöter‘ schon mehrere Jahre in der Bucht lag. Eingezeichnet war er allerdings an Land. Wo diese Diskrepanz zwischen Karten und Realität herkam wird uns wohl für immer ein Rätsel bleiben und war absolut nicht nachvollziehbar. Klar ankerten wir gerne nahe an irgendetwas. Vor allem, wenn es sich dabei um Surfspots handelte. Aber dieses Ding im Wasser war für Schiffe ein gefährliches Hindernis und könnte fatale Folgen haben.
Nach dem Frühstück machte ich mich nun aber erstmals mit Ronin auf den Weg, um in dem kleinen Dorf nach einem geeigneten Anfänger-Surfboard für mich zu suchen. Nachdem wir das Dingi am Land auf den Strand geschoben hatten, spazierten wir durch die staubigen Strassen. Beim dritten Surfshop wurden wir schliesslich fündig und Ronin war mit dem Preis-/Leistungsverhältnisses meines gebrauchten „Foamie“ zufrieden. Ich war froh, dass er mich beim Kauf mit seinem Knowhow unterstützte und freute mich schon darauf das blaue Schaumstoff-Brett ins Meer zu tragen. Die Marke „Victory“ (Erfolg) liess mich hoffen, dass ich damit ziemlich schnell Fortschritte feiern würde. Leider starb diese Hoffnung bereits beim ersten Versuch im Schaumwasser in Ufernähe. Nach der dritten Welle bekam ich im Waschgang mein blaues Board so an den rechten Oberschenkel geklatscht, dass ich mich mit Schnappatmung noch gerade so an Land bringen konnte. Dieses würde wohl eine ziemliche Prellung abgeben. Ich hatte für’s Erste mal genug vom Surfen und bewunderte Ronin, für den die grösseren Wellen weiter draussen ein Kinderspielplatz waren.
Zurück auf dem Boot hiess es für Sino und Martin erst mal abtauchen. Nach einer Theorielektion über die wichtigsten Sachen beim Tauchen waren beide sofort in ihre Neopren gestürzt und gaben das Handzeichen „ok“. Schon bald war im trüben Wasser ausser ein paar aufsteigenden Luftblasen nichts mehr von den Drei zu sehen. Lange hielten sie es aber dann nicht aus, denn unter Wasser konnte man wohl kaum die Hand vor Augen sehen.
Wir entschieden uns, die Bucht von Famara am nächsten Tag hinter uns zu lassen und zur Isla Graciosa im Norden von Lanzarote zu dislozieren. Dort hofften wir auf ein besseres Lernrevier für die Unterwasserakrobatik. Der Wind war für die Überfahrt mehr als genug und so entschied sich Ronin, dass er uns mit dem Wingfoil folgen würde. Mich erstaunte kaum, dass er dabei fast schneller am Ziel war, als wir mit dem Segelschiff. Schon wenig später erreichten wir die Bucht, die uns den etwas besseren Übungsplatz zum Tauchen bieten sollte. Diesmal wollte sich auch Carlos ins unbekannte Blau wagen. Seine Vorfreude auf das Tauchen war ihm anzusehen, seine Nervosität konnte er aber vor uns ebenfalls nicht verstecken. Er meisterte diese Aufgabe aber ohne grosse Probleme und kehrte wohlbehalten an die Wasseroberfläche zurück. Mit unserem schiffseigenen Kompressor wurden im Anschluss die Flaschen wieder gefüllt. Während Martin und ich uns für den nächsten Tauchgang in unsere Neoprens zwängten, bestiegen die Jungs bereits das Dingi. Sie wollten zur kleinen Bergspitze hochlaufen, um dort ein paar Drohnenaufnahmen für ihr nächstes Instagram-Reel zu machen. Als sie dann ein paar Stunden später begeistert zurückkehrten hoffte ich, dass ich es am nächsten Tag auch noch da hoch schaffen würde. Meine Prellung am Oberschenkel von meinem ersten Surfversuch behinderte mich jedoch erheblich beim Laufen. Aber wie so immer; wo ein Wille, da ist bekanntlich ein Weg.
In dieser Nacht schlief ich wie ein Stein. Ich vermutete, dass wohl die Sauerstoff-Inhalation beim Tauchen zu dieser Müdigkeit geführt hatte. Mein Schlaf wurde jedoch jäh unterbrochen als plötzlich in voller Lautstärke Musik aus der Soundanlage unseres Schiffs schallte und fast zu einem Herzstillstand bei mir geführt hätte. Makani schien also bereits ein Eigenleben zu entwickeln. Ich quälte mich aus meinem Bett, tappte im Dunkeln in den Salon und stellte die Musikanlage ab. Mit der Zeit fanden wir heraus, dass sich unserer Soundanlage nicht nur einschalten sondern während des Gebrauchs auch selbständig ausschalten konnte. Wie sie das bewerkstelligt, würde wohl eines der unerforschten Geheimnisse an Bord bleiben.
Am nächsten Tag überredete mich Carlos, dann zusammen mit Pino doch noch auf den Berg zu steigen. Es bereitete mir zwar einige Mühe mit meiner Verletzung. Doch oben angekommen war es die Anstrengung mehr als wert.
Der nächste Tag präsentierte sich mal wieder mit einer für mich sehr unschönen Überraschung. Als ich für meine erste Kitesession meine Sachen zusammensuchte wurde mir schnell klar, dass mein Neoprenanzug nicht mehr an der Reling hing. Dieser schien wohl ein Opfer des Meeres geworden zu sein. Alles Suchen an Bord blieb negativ. Dies störte mich auf zweierlei Seiten. Nicht nur, dass es eine Schande war, dass es im Meer gelandet war, es war zudem auch noch mein Lieblingsanzug. Es half nichts, mein Anzug blieb verschwunden. Ich suchte also in meiner Reisetasche nach meinen Shorty, um wenigstens doch noch eine kleine Session mit meinem Kite aufs Wasser zu können.
Der Tag wurde dann auch einfach zu perfekt. Martin suchte seine Windsurfsachen zusammen und Ronin pumpte einen Wing auf. Somit hatten wir fast alle unsere Windsportgeräte auf einen Schlag auf dem Wasser. Was für ein Gefühl, als wir alle Drei in einer Linie in dieselbe Richtung fuhren. Glücklicherweise hatte Sino just in dem Moment unsere Drohne am Himmel und konnte diesen Moment mit einem gelungenen Foto festhalten.
Dieser Tag würde in meiner Erinnerung noch lange gespeichert sein. Pino, Martin, Carlos und ich entschieden an diesem Abend die Jungs mal wieder alleine zu lassen und im nächstgelegenen Dorf unser Abendessen einzunehmen. Dafür musste uns Ronin aber erst einmal mit dem Dingi an Land bringen und wir eine stündige Abenteuerreise zu Fuss durch den Sand unternehmen, bis wir endlich beim nächstgelegenen Dorf ankamen. Doch auch das hatte sich mehr als gelohnt. Das Essen schmeckte herrlich und der anschliessende Verdauungsrückweg tat gut. Am Strand angekomme holte uns unser Dingitaxi wieder ab. Der Einstig ins Gummiboot gestaltete sich jedoch aufgrund der auf den Strand klatschenden Wellen mehr als schwierig. Und schon wurde unser Dingi von einer Welle seitlich erwischt und spülte das halbe Meer ins Boot. Wir hatten gerade nochmal Glück, dass sich dabei das Boot nicht überschlagen hat. Klitschnass bis auf die Unterhosen aber mit schallendem Gelächter fuhren wir zurück zu Makani.
Am nächsten Tag nahmen wir Abschied von Graciosa und segelten mit unserem Lieblingssegel gemütlich Richtung Corralejo. Es war bereits schon wieder an der Zeit, dass Pino zurück in die Heimat fliegen musste. Doch vorher wollten wir „Alten“ noch einmal gemütlich ins Dorf, um dort den Abschied von Pino mit einer Paella und einem Bier zu feiern.
Auch für mich und Carlos war so langsam die Zeit gekommen, dass wir Abschied von der Makani nehmen mussten. Blieben uns auch nur noch wenige Tage bis zu unserem Heimflug in die Schweiz. Doch daran wollte ich nicht mal ansatzweise denken. Viel zu schön war die Zeit mit den Jungs auf dem Boot und viel zu schnell nahte nun dessen Ende.
Am nächsten Tag setzten wir nach Lanzarote über. Dort hatte Martin einen Segelmacher ausfindig machen können, der unseren Gennaker wieder instand stellen konnte. Wir hofften, dass dieser sogar innerhalb weniger Tage repariert werden konnte und wir schnellstmöglich noch bis zu den Kapverden weitersegeln konnten. Dies wäre für Carlos und mich natürlich mehr als schön. Dann wären wir für die komplette erste Etappe der Makani mit dabei gewesen und hätten sie sozusagen auf ihrer Jungfenfahrt begleitet.
Als dann der Segelmacher uns spontan zusagte, diesen innert Tagesfrist zu reparieren, war klar, dass Carlos und ich definitiv von den Kapverden nach Hause fliegen würden. Und auch Martin war sichtlich erleichtert, denn nun hatte er noch die Möglichkeit seinen Kumpel Sascha auf Sal anzutreffen und ihn über seine Erfahrungen als Dauersegler auszuquetschen.
So hiess es am 13. Dezember erneut Leinen los mit einen Kurs direkt nach Süden in hoffentlich wärmere Gefilde. Denn langsam wurde es uns auch hier zu ungemütlich und viel zu kalt. Zudem wollten wir nach den vielen Wochen im nasskalten Herbst Frankreichs endlich Sonne und Wärme.
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