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Teil 27 - Bad mit Hindernissen

In der Nacht schaukelte Makani gehörig vor sich her. Dieser Ankerplatz war alles andere als gemütlich. So war klar, dass wir bei Tagesanbruch so schnell wie möglich aufbrechen wollten. Noch bevor das Frühstück auf dem Tisch war hörte ich, wie Martin den Motor laufen liess und sogleich versank auch die Ankerkette rasselnd in die Luke am Bug. Unser heutiges Tagesziel 'Samana' lag gute 10 Segelstunden vor uns. Obwohl uns noch ein weiterer ruppiger Törn bevorstand, freute ich mich auf die Bucht von Samana. Dort sollen sich angeblich zu dieser Jahreszeit Tausende von Buckelwalen tummeln, die sich balzen und ein Jahr später sogar hierher zurückschwammen, um zu gebären. 

Alle unsere Augen waren nun wie gebannt aufs Wasser gerichtet. Die Sprays der Wale beim Auspusten sollten eigentlich deutlich sichtbar sein. Endlich entdeckten wir weit weg den ersten Wasserstrahl. Tatsächlich, wir hatten Wale gefunden. Schnell wurde der Motor eingeschaltet und die Richtung angepasst in der wir die Wale vermuteten. Den Motor laufen zu lassen war hier Vorschrift. Anscheinend konnten sich die Wale so am Geräusch orientieren, dass da Boote unterwegs waren und ihnen ausweichen. Noch zwei, dreimal konnten wir die Wasserfontänen aus weiter Ferne beobachten. Doch leider waren diese immer viel zu weit weg und wir hatten keine Chance dieses Schauspiel noch aus der Nähe zu beobachten. 

Schliesslich hissten wir die Segel erneut und steuerten den Bucht vor Samana an. Hier wollten wir ein paar Tage bleiben und erhofften uns einen, von den Wellen und dem Wind geschützten, Ankerplatz.

Auch der nächste Morgen erwartete uns mit erneuten Regenschauern. Doch pünktlich zum Frühstück blickte die Sonne durch die Wolken und der Himmel klarte auf. Martin organisierte uns kurzerhand einen Mietwagen und Ronin brachte Vreni und mich mit dem Dingi an das nächstgelegene Ufer. Zu Fuss wollten wir Beide die Brücke von Samana überqueren und einen Ausblick auf die Bucht ergattern. Doch durch die wieder bedrohlich wirkenden, schwarzen Wolken konnten wir nur noch beobachten, wie Ronin und Martin vom nächsten heftigen Regenschauer übergossen wurden. Da hatten wir Frauen unter der Brückentreppe gerade nochmals Glück gehabt. 


Brücke von Samana
Brücke von Samana

Als der Regenschauer nachliess, spazierten wir gemütlich in Richtung Samana, wo wir schon kurze Zeit später von einer auffälligen, orangen Rostlaube mit gesprungener Frontscheibe und getönten Fenstern angehupt wurden. Mein Blick schweifte über die Karre mit dienstlichem Ernst und einer dementsprechend nicht ganz so amüsierten Laune. Doch als das dunkle Fenster der Beifahrerseite heruntergelassen wurde, liess das Innere des Fahrzeuges das schelmische Grinsen von Ronin erscheinen. Ich brach schon gleich in schallendes Gelächter aus und wir stiegen auf die Rückbank der 'Zuhälterkiste'. Ich war gespannt, ob dieses noch einigermassen fahrbare Ding den Tag mit uns mithalten konnte.


Geplant war ein kleiner Schnorchelausflug an die Nordküste der Insel, wo es angeblich einen der schönsten Strände der dominikanischen Republik geben soll. Vreni sollte doch wenigstens einen schönen Strandtag bekommen. Bisher liessen es die Wetter- und Windverhältnisse und auch die Ankerplätze nicht zu, dass wir direkt vom Boot ins Wasser hätten springen können.

Schon ein paar Kurven weiter auf der holprigen Strasse erblickten wir vom Meer her einen Wasserstrahl aufschiessen. Anhand der am Strassenrand geparkten Fahrzeuge musste dort wohl eine Sehenswürdigkeit sein. So entstiegen wir noch einmal unserem Mietwagen und stapften durch die mit Felsblöcken durchsetzte Wiese. Das Meerwasser, dessen Fontäne seinen Weg durch die Klippen gesucht hatte, heulte laut durch die in den Felsen entstandenen Löcher und verursachte ein lautes Fauchen. Dabei spritzte das Wasser mehrere Meter hoch in den Himmel. Ein wunderschönes Schauspiel, welches die Natur uns hier bot. 


Wasserspray auds dem Teufelsmund
Wasserspray auds dem Teufelsmund

Nach einer weiteren Stunde Fahrt in den Norden erreichten wir den Playa Rincon. Doch die stürmische See lud hier auch nicht wirklich zum Schnorcheln ein. Die Wellen brachen auf den Strand und die Sonne blickte nur vereinzelt aus den Wolken. So spazierte das Quartett bis zum hintersten Strandecken, aus welchem wir laute Musik gehört hatte. Vielleicht hatte es hier wenigstens eine gemütliche Strandbar. Doch leider Fehlanzeige. Die Musik wurde mit noch lauterem Gelabber eines Wanderpropheten mit seinem Mikrofon unterbrochen. Vreni schien jedoch als Einzige weder ihre gute Laune zu verlieren, noch ihren unermüdlichen Drang nach einem Bad im Meer. So hüpfte sie energiegeladen in den, neben der kleinen Bar ins Meer laufenden, 'Cano Frio', was zu Deutsch ‚kalter Fluss‘ hiess. Mein in den Teich gestreckter grosser Zeh reichte mir für eine Kostprobe, um das „kalt“ zu bestätigen. Ich bewunderte Vreni, die anscheinend genüsslich in dem Fluss herum schwamm. Vermutlich waren wir anderen wohl schon viel zu verwöhnt von den Temperaturen, die das Meer uns in den letzten Monaten geboten hatte. 

In ihrem blauen, mit weissen Punkten versehenen Bikini und einem breiten Grinsen im Gesicht entstieg Vreni dem Fluss wie wenn sie dort den Schatz der Insel gefunden hätte. Ich freute mich, dass Martin’s Mama trotz der Umstände ihren Spass hatte und fragte mich, ob wir ihr nicht irgendwo noch etwas Besseres bieten konnten.


Cano Frio
Cano Frio

Während Ronin mit seiner Nani dem Strand entlang zur gegenüberliegenden Seite wanderte, bestiegen Martin und ich unser rostigen Untersatz, um den Strandabschnitt nach einem Restaurant zu erkunden. Kaum sassen wir im Auto öffnete der Himmel seine Schleusen erneut. Der kurze, aber heftige Regenschauer prasselte auf unsere Windschutzscheibe. Ein Wunder, dass diese dem Regen noch stand hielt. Mein Blick wanderte dem Strand entlang in die Richtung, in der ich Vreni und Ronin vermutete. Hoffentlich hatten die Zwei irgendwo Schutz gefunden.

Kaum hatte der Regen aufgehört sahen wir Vreni mit Ronin hinter den Palmen am Strand auftauchen. Vreni noch immer in ihrem Bikini, während Ronin in Shorts und T-Shirt neben ihr herschlenderte. An seinen trockenen Kleider zu urteilen, waren sie wohl auf wundersame Art und Weise vom herab prasselnden Nass verschont geblieben.

An der Nordostecke des Strandes war der Wellengang bedeutend ruhiger. Nicht, dass mich hier die Lust nun doch noch gepackt hätte ins Meer zu steigen. Mir war es irgendwie zu kalt. Auch wenn dies vermutlich nicht an den herrschenden Temperaturen von um die 30 Grad lag sondern eher an den bedrohlich am Himmel hängenden Wolken, die so wirkten, als ob sie demnächst einen weiteren Regenschauer parat hätten. Auch hier liess sich Vreni den Spass nicht nehmen und plantschte mit den Wellen. Martin erkundete währenddessen die Felsklippe mit Taucherbrille und Schnorchel. Auch hier war die Ernüchterung gross. Meine Laune wurde jedoch beim Anblick des kleinen Strandwagens, gefüllt mit Kokosnüssen, Ananas und diversen Rumflaschen sichtlich angehoben. Diesen Klassiker wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen.

Gestärkt verliessen wir die Playa Rincon und fuhren durch die karibischen Wälder weiter nach Westen. Vrenis Reiseführer hatten wir entnommen, dass sich dort ein Wasserfall befand. 

Für uns Schweizer war ein Wasserfall in unseren Reiseländern immer etwas, das uns ein Lächeln entlockte. Was bei uns als ein klägliches Rinnsal nicht mal auf Karten erwähnt wurde, hievte man in fernen Ländern zur Weltsensation. Doch nach all den Regenfällen könnte sich dies vielleicht einmal lohnen. Während Vreni und ich uns entschieden, die Schlammpiste in etwas berggängigeren Schuhen zu bestreiten, begnügten sich Ronin und Martin mit ihren hawaiianischen Olukei-Flipflops. Beim ersten Tritt in das nächste Schlammloch, welches gleich schon meine Socken durchnässte war ich mir nicht mehr sicher, welche Variante nun wohl die Glorreichere gewesen war.

Der Wasserfall entsprang tatsächlich einer gewissen Höhe. Doch nicht die Höhe machte das Fantastische dieser Sehenswürdigkeit aus sondern die schillernden Erdtöne über welcher er herabstürtze. Dieses Mal verspürte sogar ich den Drang ins Wasser zu steigen. Nicht, dass mich dazu das Wetter animiert hätte, dann wohl eher die mit Schlamm vollgesogenen Schuhe. Doch so eine Dusche unter einem echten Wasserfall war ja mal ein ganz anderes Kaliber. Bisher nur aus den Thermalbädern bekannt, verschlug der Tauchgang unter dem herabstürzenden Wasser einem den Atem, im wahrsten Sinne des Wortes. Es war schlichtweg atemberaubend.


Salto El Limon
Salto El Limon

Der Weg hatte sich gelohnt und die Wandertruppe glücklich. Auch wenn sich nach der Rückkehr zur Makani die Schleusen des Himmels ein weiteres Mal öffneten, konnte es uns das Glücksgefühl nicht mehr nehmen.

Während Vreni uns mit einem weiteren leckeren Abendessen verwöhnte, überprüften Ronin und Martin die an der Bootswand angebrachten Wasserschläuche welche direkt in den Wassertank führten. Der Regen hatte unseren 700L Wassertank randvoll gefüllt. Zufrieden setzten wir uns an den gedeckten Esstisch mit den Leckereien. 

Doch was uns in den kommenden Tage erwarten würde, damit hatte wohl niemand gerechnet. Und dass sogar Segler genug von Wasser haben könnten, wohl schon gar nicht.

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