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  • AutorenbildDenise Romer

Teil 12 - Holpriger Endspurt zu den Kapverden

Eigentlich hätten Carlos und ich am 19. Dezember 2023 zu Hause sein müssen. Nun schrieben wir bereits den 13. Dezember, als wir erneut in See stechen und die letzte Fahrt der ersten Etappe auf unserer Jagd  nach Wind und Wellen unter unseren Kiel nehmen. Wir hatten also gerade mal 5 Tage Zeit, um rechtzeitig auf Sal anzukomnmen. Klar hätten wir zwei ziemlich gechillt auch auf den Kanarischen Inseln den Flieger besteigen können. Es wäre aber nicht dasselbe. Auf den Kapverden war für die Sail4Surf Crew erstmal ein längerer Stop geplant. Der passende Moment für mich, das Schiff zu verlassen und mal wieder meiner Arbeit als Angestellte in Zürich nachzugehen. Nicht, dass dies so unbedingt auf meiner Wunschliste gestanden hätte. Doch die Abreise rückte immer in schnellen Schritten immer näher.

Mittlerweile waren wir schon einen ganzen Monat unterwegs. Es fühlte sich aber an, als ob wir schon lange auf dem Schiff leben würden. Die einzelnen Handgriffe sassen und wir funktionierten als gut eingespieltes Team. Sogar ich hatte mich an die vielen Männerdinge gewöhnt, die  bei mir immer mal wieder zu einem Kopfschütteln führten. Die Denkweise von Mann und Frau ist definitiv nicht die Gleiche, soviel steht fest. Ich bin deswegen aber auch ziemlich sicher, dass das Kopfschütteln auf Gegenseitigkeit beruht.

Mit gutem Rückenwind und unserer Turtle am Himmel gleiten wir die marokkanische Küste in Richtung Kapverden hinunter. Endlich war es genügend warm, auch mal im Bikini auf der Flybridge zu sitzen und bei gemütlichen Gesprächen neue Ideen zu entwickeln. Begleitet wurden wir dabei vom Staub der Sahara, die ihren braunen Sand aufs offene Meer hinaustrug. Hätten wir da schon gewusst, dass dieser von nun an fast täglich au dem Himmelsprogramm stehen würde, wären wir vielleicht direkt über den Atlantik gesegelt.




In der Nacht nahm der Wind immer mehr zu. So musste unsere Turtle bereits am Morgen des 2. Tages wieder in den Segelsack gepackt werden. Mit gut Druck im Genacker ging es auch in die Nacht hinein. Einmal mehr wurde das Einholen des Wingakers und das Setzen des Genackers nicht angekündigt. Wer uns kennt, weiss auch schon, was dann mal wieder in der Küche los war. Selbstverständlich flogen alle nicht fest montierten Küchengeräte erneut durch die Gegend. Mich wunderte das nicht mehr. Die Tatsache jedoch, dass erstaunlich wenig dabei kaputt ging jedoch schon mehr. Ich fragte mich, ob wir es irgendwann in unserem Segelfieber schaffen würden, auch mal an herumfliegende Küchengeräte zu denken.

Mittlerweile waren die Wellen, welche uns von hinten schoben schon über 2 m hoch. Das Meer war rau, wild und Makani wurde von den Wellen wie ein Spielball herumgeschubst. Beim Eintauchen in die Wellentäler klatschten die heran rollenden Wasserberge mit lautem Getöse auf unser Heck. Obwohl wir eigentlich viel Platz vom Eingang unseres Salons bis zum Heckende des Schiffs hatten, schafften es die Wellen, unsere komplette Sitzgelegenheit im Heck und unser Daybed in salziges Nass einzuweichen. 

So stand am nächsten Tag mal wieder Ordnung machen auf dem Programm. Die immer mal wieder zwischen dem Saharastaub auftauchende Sonne lud jedoch nicht wirklich zum Aufräumen ein. Makani war mittlerweile mehr braun als weiss. Trotzdem wollten wir die vom gestrigen Wellengang nass gewordenen Polster in die wärmende Sonne legen. Oben bei den Solarpanels sollten diese im Wind eigentlich schnell trocknen. Während die gesamte Crew mal wieder anderen Tätigkeiten nachging, erfasste ein Windstoss die oben liegende Matratze des Daybeds und flog in hohem Bogen über Martins Kopf hinweg über die Reling aufs offene Meer.

Man kann sich schon denken, was nun wieder kommen musste. Klar! Bei der Einleitung unseres Notbremsmanövers flogen mal wieder sämtliche Küchengeräte durch die Gegend. Doch das war momentan nicht das Wichtigste. Schnell musste man die eigens für dieses Schiff hergestellte Matratze wieder einsammeln. Man kann sich ja mal vorstellen, dass es einiges an Mühe bereitete, diese graue Matratze auf dem Meer im Auge zu behalten. Ich hätte wohl nach den bereits verstrichenen 30 min die Matratze abgeschrieben. Nicht so aber Martin. Der war sich sicher, dass wir diese noch finden würden. Und tatsächlich! Plötzlich erspähten wir mittels Feldstecher, wie der noch immer schwimmende Schaumstoff gemütlich auf den Wellen schaukelte. 

Martin steuerte seine Makani punktgenau zu unserem verlorenen Inventar während die Jungs im Anschluss versuchten, den mit Wasser vollgesogenen Schaumstoff wieder ins Boot zu hieven. Aufgrund der engen Platzverhältnisse auf dem Schwimmer und dem Gewicht der Matratze kein einfaches Unterfangen. Doch wie immer war die Makani-Crew mit genialen Einfällen gesegnet. Schnell wurde mit den Spannsets eine Schlinge gelegt und mit vereinten Kräften gelang es Ronin, Carlos und Timon schliesslich den verlorenen Gegenstand sicher an Bord zu hissen.



Die Überfahrt war auf der gesamten Strecke kein wirkliches Vergnügen. Die Wellen warfen Makani durch die Gegend und dies produzierte viel Lärm im Inneren unseres Schiffs. Dies führte dazu, dass die Nächte laut und unruhig waren. An Schlaf war kaum zu denken. Einzig die Nächte boten ein Schauspiel mit dem wohl unglaublichsten Sternenhimmel. In meiner Nachtschicht konnte ich die Sternschnuppen kaum zählen. Gefühlt alle paar Sekunden verglühte ein Stern und die Lichtbahnen zogen sich über das komplette Firmament.

Am nächsten Tag meinte dann Martin plötzlich mit Blick aufs Meer: „ Ich gang mal e Rundi go surfe“. Klar!, dachte ich noch. Mal einfach so mitten auf dem Meer aus einem fahrenden Boot springen? Ich grinste bei der Vorstellung. Doch dieses Grinsen erstarrte wenig später auf meinem Gesicht, als ich Martin sah, wie er seine Windsurfausrüstung zusammenbaute. Eigentlich hätte ich mir das denken müssen. Kannte ich ihn ja mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er jedem Floh, den er sich ins Ohr setzte auch Taten folgen liess. Kaum 10 min später warf Martin seine komplette Ausrüstung über Bord und hechtete mit einem Kopfsprung hinterher. Ich war mal gespannt, wie er da wieder an Bord kommen wollte, gönnte ihm aber sein kurzes Vergnügen. 



Während Martin am Horizont immer kleiner wurde und Makani mit guter Fahrt Richtung Süden unterwegs war, wusste ich, dass er uns nicht wie gedacht wieder einholen würde. Der Wind war zudem nicht stark genug, dass er Druck in sein Segel bekam. Ich bat die Jungs, doch endlich beizudrehen und wenigstens zu warten. Die hielten jedoch nicht viel von dieser Idee und meinten bloss: „De chunt denn scho wieder!“  Als ehemalige Windsurferin war mir aber klar, dass er uns auf diesem tiefen Raumwindkurs nicht einholen konnte. Irgendwann wurde es dann auch den Jungs klar, dass es für Martin nun doch ein wenig schwierig würde. So stoppten sie Makanis Fahrt und wir warteten, bis Martin mit dem letzten Hauch einer Böe zu seinem Boot gefahren kam. Ein weiterer Punkt auf meiner Selbstentwicklungs-Liste: Aufhören sich ständig Sorgen zu machen. Dies konnten die Jungs definitiv besser als ich. Ich war mehr als froh, als unser Kapitän wieder heil zurück auf seinem Schiff war.

Die Tage flogen nur so dahin. Schon bald würden die Kapverden vor uns auftauchen. Für mich und Carlos also Zeit, die Koffer zu packen. Doch so einfach war das gar nicht. Die Wellen und unser gesegelter Kurs verunmöglichten grosse Spaziergänge durch den Salon, geschweige denn ein Packen in den Kojen. Der einzige Ort für ein gemütliches Verweilen war die Flybridge.

Kurz vor den Kapverden zeigte Ronin’s Angel eine Bewegung an. Als krönender Abschluss meiner ersten Reise zieht er doch tatsächlich nochmals einen Mahi Mahi aus dem grossen Teich. Uah, freute ich mich schon auf dieses Abendessen! Frischer Fisch war einfach eine Delikatesse.

Was für eine erste Etappe! Die Kapverden lagen nun vor uns. Schon morgen würde mein Flieger zurück in die Schweiz. Ich war froh, dass Carlos mit mir zurück flog. So war der Abschied definitiv einiges leichter. Doch auch wenn es mir unendlich schwer fiel, Makani und seine Crew hinter mir zu lassen, wusste ich, dass sie genau hier an diesem Ort in zwei Monaten wieder auf mich warten würden - genauso wie die neuen Abenteuer der Makani Crew.




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