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Teil 18 - Karibikfeeling pur auf Barbados

Autorenbild: Denise RomerDenise Romer

Eigentlich genau so hatte ich mir das Leben vorgestellt in der Karibik. Umgeben von türkisfarbenem, warmen Wasser, Strände voller Palmen und weissem Sand. Port St. Charles war nun aber definitiv nicht gerade der schönste Ort auf Barbados. Da die Einreiseformalitäten erledigt waren, segelten wir weiter nach Bridgetown. Gemäss Amir sollte es dort vor allem unserer Jungmannschaft gefallen. Dort seien die einheimischen Mädels zu finden und am Strand würden auch Parties stattfinden. So setzte Martin spät abends Makanis Anker in den Sand einer Bucht mit vielen kleinen Strandbars. Die Musik dieser Unterhaltungslokalitäten drang in voller Lautstärke zu uns herüber. Das rattern der Ankerkette war noch nicht mal verstummt, da wusste ich bereits mit einem Blick auf Martin’s Gesicht, dass dies hier keine Bucht für einen längeren Aufenthalt werden würde.




Während die Jungs vergnügt mit einem Wegbier in der Hand bereits den Strand entlang schlenderten, machten Martin und ich uns mit den öffentlichen Kleinbussen auf den Weg in ein einheimisches Restaurant, in welches uns Amir zum Essen eingeladen hatte. Bereits vor dem Besteigen der Busse war klar, dass Martin’s wilde Geschichten über den auf der Insel herrschenden öffentlichen Verkehr von früher auch 25 Jahre später immer noch der Wirklichkeit entsprachen. Schon von Weitem konnte man die aus dem Innern der Personentransportern dröhnende Reggaemusik hören. Die fröhlich, ausgelassene Stimmung der Passagiere liess wohl auf den Konsum diverser uns nicht näher bekannten Substanzen schliessen, obwohl die überall auf den Innenwände des Fahrzeugs aufgeklebten Sticker auf das Verbot der Einnahme von Stimulanzien hinwiesen. Ich war überzeugt, dass diese lediglich dem Zweck dienten, sich über die nicht gerade dem Insel-Lebensstil entsprechenden Vorschriften der Regierung lustig zu machen. In Formel-1-Manier steuerte der Taxifahrer sein Gefährt durch die engen, menschengefüllten Gassen. Bei jedem Anhalten und Losfahren wurde man gefühlt im Rhythmus der Musik auf den Sitzbänken vor- und zurückgeworfen. Gut festhalten war hier trotzdem nicht mal unbedingt notwendig, denn die Busse wurden bis auf den letzen Platz vollgestopft, so dass ein Rutschen auf den Sitzplätzen erst gar nicht möglich war. Bei der Fahrweise unseres Chauffeurs war ich froh, dass die Füllmenge des Busses die fehlenden Sicherheitsgurten kompensierten. 

Ich war froh, als wir nach dem Abendessen heil wieder an unserem Ausgangspunkt ankamen und ich dem Hippiegefährt entsteigen konnte, ohne dass ich mir das Abendessen noch einmal durch den Kopf gehen lassen musste. Ein unverzichtbares Erlebnis ist es allemal und je mehr Tage wir dort verbrachten, desto mehr wuchs mir die unkonventionelle und sich nach Freiheit anfühlende Insel ans Herz. Hier konnten wir uns vorstellen, dass wir dieser Insel wohl nicht zum Letzen Mal einen Besuch abstatten würden.


Das glasklare Wasser in der Bucht von Carlisle Bay und das direkt neben unserem Segelboot in einer Tiefe von wenigen Metern versunkene Berwyn-Schiffswrack animierte uns am nächsten Morgen zu einem weiteren Entdeckungstauchgang.

Gian brannte darauf, endlich seinen ersten Tauchgang machen zu dürfen und begleitete Martin und mich erstmal schnorchelnd an der Oberfläche Richtung Wrack. Dort angekommen gab Martin das Zeichen zum abtauchen, welches Gian und ich mit dem OK-Handzeichen quittierten. Wir liessen die Luft aus den Jackets und sanken langsam in die Tiefe des himmelblau gefärbten Meers hinunter. Begleitet von einer neugierigen Schildkröte starteten wir unsere Blubbertour rund um das alte Schiff.



Zurück an der Oberfläche meinte dann Gian zu Martin, dass das Abtauchen etwas schwierig gewesen sei. Kein Wunder, denn das im Tauchjacket integrierte Bleigewicht fehlte an Gians Jacket auf beiden Seiten. Martin tauchte also nochmals in die Tiefe, um das verlorene Blei aufzuspüren. Das erste Blei war schnell gefunden und zurück ins Jacket gesteckt. Doch für das Zweite, welches Gian schon auf dem Schnorchelgang zwischen Boot und Wrack verloren hatte, mussten wir uns ein wenig mehr bemühen. Nun hiess es also Suchen. Auf Martin’s Glück vertrauend war ich sicher, dass sich diese Bleitasche ebenfalls innerhalb weniger Minuten finden liess. So schnorchelten wir nach der Bleitasche Ausschau haltend den Weg zurück zur Makani.

Einmal mehr staunte ich über Martin’s unglaublichen Unterwasser-Orientierungssinn. Sah für mich bereits nach 2 Metern ein Stein aus wie der nächste, war für mich unser Captain wie ‚Google Maps‘ in der Unterwasserwelt. So hatte er dann den verlorenen Gegenstand tatsächlich innert Kürze aufgespürt und zurück an die Oberfläche befördert.


Kaum waren wir an Bord der Makani, wurde bereits der Anker hochgezogen und nach einem geeigneten Ankerplatz weiter im Süden Ausschau gehalten. Oistins Bay war der nächste Ausgangspunkt für unsere Inselerkundungen im Süden von Barbados.

An diesem Abend gab es für Martin kein Halten mehr. Heute wollte er zu seiner ‚Chicken Rita‘. Das war ein kleines Restaurant, in welchem eine einheimische Frau namens Rita vor 25 Jahren den Surfern die, gemäss Aussagen von Martin, weltweit besten Hühnchen zubereitete. Inbegriffen war dabei eine ziemlich scharfe Sauce und natürlich eine komplette Flasche Rum mit Cola. Ich freute mich auf das Abendessen, denn Tauchen macht bekanntlich Hunger. Doch bis das Hühnchen schliesslich Stunden später endlich auf dem Tisch landete, hätte man mir bereits alle Speisen der Welt als Hühnchen verkaufen können. Der gutschmeckende Rum und die lange Wartezeit auf das Abendessen leistete auf nüchtern Magen seine volle Arbeit.



Die Jahre mit Windsporttouristen schienen auf Barbados nur noch in alten Geschichten der Ureinwohner vorzukommen. Chicken Rita schien das Einzige, was all die Jahre ein fester Bestandteil des Südens geblieben war und wurde noch heute von vielen Heimweh-Surf-Touristen regelmässig frequentiert. An den, vor dem Holzhäuschen auf der Strasse stehenden, drei Plastiktischen und Stühlen konnte man unüberhörbar von den Nachbartischen den Erzählungen und Erinnerungen von früher lauschen und die Geschichten zogen uns beide gedanklich zurück in eine längst vergangene Zeit, als wir, noch im Teenageralter, gerade erst mit dem Windsurfen begonnen hatten.


Martin’s Entdeckergeist war noch immer ungebremst. So versuchten wir am nächsten Tag erneut einen einheimischen Bus zu besteigen, um damit in den Osten der Insel nach Bathsheba zu kommen. Dort müsste es auch möglich sein, in den Wellen zu surfen. In Oistins machten wir uns also auf die Suche nach dem Busbahnhof. Tatsächlich führte eine der Buslinien direkt zu diesem Ort. Lediglich die angegebenen Abfahrtszeiten waren nicht wirklich europäisch. Hier wussten weder der Chauffeur noch die Passagiere, um welche Zeit die Busse losfuhren. So warteten wir in der mit Menschen überfüllten Halle auf die nächste Transportmöglichkeit. Anscheinend war uns der letzte Bus direkt vor unserer Nase davongefahren. Gute eine Stunde später war des dann soweit und der Linienbus tauchte vor unserem Terminal auf. Einmal mehr war die Busfahrt an und für sich eine Reise wert. Das mit farbigen Spraydosen besprühte Gefährt erinnerte mehr an eine Chilbigondel an der Olma als an einen öffentlichen Bus. Auch die obligatorische Reggaemusik dröhne aus den überdimensionalen Lautsprechern. So ging es in rasantem Tempo über die Hügel zur Ostseite, vorbei an ebenso in allen Farbtönen angemalten Häusern. Die scheinbar obligatorische und ein wenig rasante Fahrt über die hügelige und teils unbefestigte Strasse führte dazu, dass das Gefährt sich zeitweise wohl mit allen vier Rädern in der Luft befand. Mein unregelmässiger und auch etwas in Fahrt geratener Herzschlag hatte sich aber bereits dem Bass der Musik angeglichen und machte die Stunde Fahrt zu einem puren Nervenkitzel.

Tatsächlich entdeckten wir in Bathsheba die noch nicht ausgerottete Surferspezie, welche sich hier zum täglichen Ritt auf den Wellen trafen. Hierhin würden die Jungs bestimmt ihre Boards transportieren, um endlich wieder ihrem geliebten Hobbie nachzugehen. Wir beide begnügten uns mit einem Spaziergang am Strand und dem Stillen unseres Hunger in der kleinen Strandbar. Wir wussten jedoch beide, dass wir irgendwann bestimmt wieder hierher kommen würden, um diese Wellen zu surfen.




Am nächsten Tag entführte Martin mich an die südlichste Spitze der Insel. Dort war in der Nähe von Chicken Rita’s Restaurant sein Windsurfspot ‚Silversands‘ von früher. Zurückversetzt in seine wilden Jahre entdeckte er an jeder Ecke ein ihm bekanntes Gebäude oder Plätzchen. Doch die verwahrlosten und heruntergekommenen Hotels hatten den Glanz schon vor langer Zeit verloren und erinnerten nur noch mit viel Fantasie an ein wohl einst blühendes Windsurfmekka.

Bei unserem Spaziergang am Strand fanden wir schliesslich Brian Talma’s Windsurfschule. Der weltweit berühmte ‚Wassermann‘ schien jedoch sein Nest ebenfalls verlassen zu haben. Obwohl teilweise noch neuere Boards auf seinem Grundstück lagen, hinterliess die Örtlichkeit eher den Anschein einer abrupten Flucht. Der Zeitgeist hatte auch hier seine Spuren hinterlassen.



Seine allzeit gute Laune liess sich Martin dann doch nicht nehmen und krönte den Abschluss des Tages erneut mit einem Besuch bei seiner Chicken Rita. Diesmal würde auch der Rest der Mannschaft sich auf die Hühnchen stürzen. Pünktlich um 19 Uhr marschierte die Crew in dem hochgelobten und weltweit wohl nur unter Surfern bekannten Restaurant ein. Während wir auf die vielen Chicken-Wings und Pommes warteten und Martin und ich bereits den ersten Rum Cola getrunken hatten, wanderten auch nach und nach einige Bierflaschen und weitere Rum Colas auf unseren Tisch. Bereits leicht angeheitert wurde die Festmahlzeit von unseren hungrigen Mäulern verschlungen. Wie wir im Anschluss genau zurück zur Makani kamen an diesem Abend, daran können wir uns wohl alle nicht mehr im Detail erinnern. Die Vermutung liegt aber nahe, dass unser Konsum des Inselsirups an diese Erinnerungslücken beigetragen haben könnte.

Leider vergingen die Tage auf Barbados wie im Flug und wir mussten der Insel viel zu früh unser Heck des Segelschiffs entgegen strecken. Martin hatte nämlich wieder mal einen Termin in einer Werft auf Martinique. Ebenso rückte das Abflugdatum von Gian immer näher. Ich glaube, wenn wir da gewusst hätten, was uns in nächster Zukunft erwarten würde, dann hätte sich Martin zur Schonung seiner Nerven bestimmt bei den fröhlichen Einheimischen von Barbados ein paar Stimmungsaufheller besorgt und auch noch die letzten Stauräume mit seinem Barbi-Rum aufgefüllt.

 
 
 

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