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  • AutorenbildDenise Romer

Teil 7 - Adieu La Rochelle

Nach unserem Ausflug zur Ile de Ré ging es auf einmal dann doch sehr schnell. Die von Martin mit Sperberaugen täglich kontaktierten WetterApps zeigten plötzlich ein Wetterfenster, welches uns erneut hoffen liess, den Hafen doch noch vor dem Winter zu verlassen. Ungläubig starrte Martin unzählige Male darauf und versuchte den Fehler in den Apps zu finden. Da war aber tatsächlich keiner. 

In dieser Woche kam richtig Leben in dem sonst schon fast verlassenen Hafen auf. Unzählige Yachtbesitzer kehrten zurück und schleppten Proviant und Koffer auf die umliegenden Boote. War es tatsächlich möglich? Fand das lange Warten ein Ende?

Tatsächlich präsentierte uns La Rochelle prächtigstes Herbstwetter mit stahlblauem Himmel und sogar teilweise fast regenfreie Tage. Angesteckt von der Euphorie, welche im Hafen herrschte, gingen auch wir los, um ein weiteres Mal Besorgungen zu machen. Nun schien es wirklich so, dass unser Traum endlich wahr werden konnte. 



Unserer Fahrräder wurden nochmals bis an die Belastungsgrenzen ausgenutzt, um noch die letzten Sachen an Bord zu bringen. So wanderten in den folgenden Tagen nicht nur Früchte und Gemüse, Plastikschachteln, Haushaltszubehör und weiteres Werkzeug in unsere Schwimmer sondern auch genügend Getränke, salzige Snacks, Schokolade und natürlich Bier in unsere Vorratsschränke.


Auf unserem letzten Ausflug zum Baumarkt nutzen Martin und ich die Chance, La Rochelle von oben 'adieu' zu sagen und bestiegen das in der Nähe des Hafens stehende Riesenrad. War dieses nun tatsächlich das erste Mal in Betrieb seit ich in der Hafenstadt angekommen war. Wir genossen die spektakuläre Aussicht auf ein Städtchen, das wir trotz allem irgendwie lieb gewonnen hatten.




Doch es war Zeit für eine endgültige Verabschiedung. In zwei Tagen würden wir unseren ersten Törn starten und in die Biskaya vordringen. Und dies auch noch Ende November, wenn kein vernünftiger Mensch mehr zu so einem Trip aufbrechen würde. Doch ich war überzeugt, dass mit meiner Crew dies zu einem unvergesslichen Trip werden würde. Auch wenn meine Gedanken immer noch zwischen mitsegeln oder doch lieber den Zug nehmen hin- und herpendelten. Aber je näher wir unserem Abfahrtstermin kamen, desto überzeugter war ich, dass ich mir dieses Abenteuer nicht entgehen lassen wollte. Denn wer konnte schon als Segelanfänger in seinem ersten geloggten Meilentörn eine Biskaya-Überquerung vorweisen? Da war ich bestimmt wohl weltweit die Einzige. Woher mein Mut dafür kommen sollte, das wusste ich aber noch nicht so genau.

Wer unsere Makani noch nie von innen gesehen hat, kann sich nicht vorstellen, wie gemütlich wir es uns da eingerichtet hatten. Unsere schwimmendes Haus hatte eine Küche die keine Wünsche offen lässt und so beschlossen die Jungs, den letzten Abend als Crew gemeinsam bei einem Pizzaplausch zu verbringen. Ich dachte noch, dass es doch sicher ein Scherz sei, dass wir sowas an Bord hatten. Doch es wurde dann tatsächlich aus den Tiefen des Backbordschwimmers ein solcher ausgegraben und auf dem Tisch im Heck des Boots installiert. Ich traute meinen Augen nicht, wir hatten tatsächlich einen Pizzaofen!



An diesem Abend ging ich ein letztes Mal auf dem Bootssteg spazieren und äugte in die umliegenden Schiffe, auf welchen nun ebenfalls Licht brannte. Alle waren hier bereit für das Abenteuer Biskaya. Noch lange stand ich vor unserer Makani und schaute mir das Boot an. In Gedanken flüsterte ich ihr zu, dass sie uns alle heil durch die stürmische See bringen soll und bedankte mich schon mal im Voraus. Beim Betreten des Boots streichelte ich über die Reling und ein tiefes Vertrauen in unser Vorhaben, in unsere Yacht und in meine Crew überkam meinen Körper und beruhigte meinen Geist. Ich war bereit für dieses Abenteuer.


Den letzten Tag in La Rochelle verbrachten wir noch mit diversen Vorbereitungen auf dem Boot. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass hier noch einiges getan werden musste. Das Chaos steigerte sich auf dem Boot ein weiteres Mal ins Unendliche. Wenn man uns so gesehen hat, machte es definitiv nicht den Anschein, als ob wir in zwei Tagen auslaufen würden. Während unsere Bootsnachbarn bereits mit den Weingläsern in der Hand auf ihren Booten sassen und sich zuprosteten, wurde bei uns noch gesägt, geputzt, repariert und vorgekocht. In Windeseile hatten wir sage und schreibe auch noch 5 Menüs für 7 Personen zubereitet, die abgefüllt nun in der Tiefkühltruhe verstaut waren. Während die Jungs an diesem Abend auf dem Boot blieben entschlossen Martin, Carlos und ich, dass wir unser Abendessen noch einmal in La Rochelle einnehmen wollten und schlenderten so ein letztes Mal durch die Altstadtgassen.




Auf dem Heimweg lockten uns die Lichter des Hafenrestaurants ‚Octopus‘ in den ersten Stock. Dort bestellten wir zum krönenden Abschluss des Abends unseren B-52 Shot. Erst ein paar Wochen später wurde Martin klar, warum es gerade ein B-52 sein musste. Unsere Yacht war nämlich eine NEEL 52 und somit passte der Shot wie die Faust aufs Auge. Unser Makani-Ankertrunk war geboren.


Heute war es nun soweit. Unser Abreisetag war gekommen. Am 21. November 2023 würde Makani flügge werden und ihre Geburtsstätte für immer verlassen. Ein letztes Mal begab ich mich mit dem Fahrrad zum nahegelegenen Supermarkt und füllte die Taschen mit weiteren Vorräten. Kaum abgeliefert wurden die Bikes auch schon von Martin und Carlos auseinandergenommen und in die Schwimmer verstaut. Als mittags dann auch Timotheé mit seiner Reisetasche auftauchte und bereits seine Ölhosen montiert hatte, wussten wir, dass es kein Traum mehr war sondern Realität. 


Martin bat uns alle an den Tisch und versorgte uns mit den nötigen Infos für die Reise. Das Wetter wurde nochmals angeschaut und jedem Einzelnen die Aufgaben im Falle eines Notfalls zugeteilt. Ich war nicht ganz sicher wie aufnahmefähig ich war, denn zu diesem Zeitpunkt war mein Magen am rebellieren und ich hatte mindestens schon 3 Stugeron intus. Zum Glück hatte Martin aber vorgesorgt und die Listen mit den Aufgaben auch fein säuberlich ausgedruckt und im Cockpit hinterlegt. So konnte ich mir das zu einem späteren Zeitpunkt einmal in Ruhe durchlesen.

Während die Jungs nun das Boot aussen zum Ablegen vorbereiteten machte ich einen letzten Rundgang im Inneren des Schiffs. Alles war aufgeräumt und verstaut. Soweit ich das zumindest beurteilen konnte.




Ein letztes Mal nutzten wir die Sanitäranlagen im Hafen für eine warme Dusche. War es doch das letzte Mal, dass wir ziemlich verschwenderisch mit warmem Wasser umgehen konnten.

Während ich mir das wunderbar warme Wasser über meinen Körper laufen liess, musste ich daran denken, dass diese wohl eher nicht möglich sein würde in den nächsten 5 Tagen. Einmal mehr ein grosser Schritt aus meiner kleinen Komfortzone.


Zurück auf der Makani war nun alles und alle bereit. Wir hatten unsere Ölhosen und unsere Makani-Crewpullover angezogen. Arbeiter von Firma NEEL versammelten sich derweilen auf dem Bootssteg, um uns zu verabschieden. Ich Mutmasste, dass sie wohl sicher sein wollten, dass sie uns nun auch wirklich loswerden würden.

Auch wir hatten uns in den letzten Tagen genau vorgestellt, wie wir den Hafen verlassen wollten. Unsere Abfahrt würde hier vermutlich niemand vergessen, der uns in diesem Moment miterlebte.

Die Musikanlage auf volle Leistung aufgedreht, liessen wir Timotheé unsere Segelyacht aus dem Hafen steuern. Auf den Trampolinen tanzten wir ausgelassen zum Soundtrack von Top Gun „Danger Zone“ (Gefahrenzone) während ich mir noch kurz überlegte, ob „Highway to hell“ (Strasse zur Hölle) nicht doch besser gepasst hätte. Adieu La Rochelle! Hoffentlich, zumindest in diesem Setting, auf Nimmerwiedersehen! Und Hallo Biskaya, wir kommen!





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